Vom „Galiläischen Frühling“ ist in der modernen Bibelwissenschaft bildsprachlich vor allem mit Blick auf die ersten sechs Kapitel des Markusevangeliums die Rede. Dort wird geschildert, wie Jesus den Anbruch der Gottesherrschaft in Wort und Tat verkündet und dabei auf überwältigenden Zuspruch der Menschen stößt.( …) Der Gottessohn heilt Kranke und Besessene – nicht wenige, sondern viele. Kraftvoll ruft er Jünger in seine Nachfolge. In allen Städten und Dörfern Galiläas tritt er auf und verkündet die Botschaft der Liebe Gottes. Die Menschen kommen in Scharen, um Jesus zu erleben. (…)
Im Galiläischen Frühling schießen die Zahlen durch die Decke. Doch es gibt auch einen Galiläischen Herbst. Auf den letzten Metern seines Kreuzweges wird es einsam um den Gottessohn aus Nazareth. Von allen guten Geistern verlassen ist er dennoch nicht. Es sind Frauen aus Galiläa, die bei ihm bleiben, weil er mit ihnen ist. Gerade so werden sie zu Frühlingsbotinnen eines österlichen Neubeginns.
Robert Vorholt, in: CHRIST IN DER GEGENWART Nr. 6/2021
Robert Vorholt ist Professor für die Exegese des Neuen Testaments an der Universität Luzern/Schweiz