Wochenimpuls Maria 2.0 – Die Frauen der frühen Kirche: Maria aus Magdala

„Wohl kaum eine neutestamentliche Gestalt ist so schillernd wie die der Maria aus Magdala, deren Gedenktag am 22. Juli gefeiert wird. Aus der Jüngerin und Zeugin des Ostergeschehens in den Evangelien wurde im Laufe der Jahrhunderte eine Prostituierte, die sich wiederum zur reuigen Büßerin wandelte und schließlich in Literatur und Film zur Geliebten oder Ehefrau Jesu avancierte.“

Wer war Maria aus Magdala?

Sie ist nach ihrem Heimatort Magdala benannt und war vermutlich eine wohlhabende Jüdin, die Anhängerin Jesu und Zeugin der Osterereignisse wurde. Der Zusatz „aus Magdala“ deutet darauf hin, dass sie den Ort verlassen hat, vermutlich um Jesus nachzufolgen.

In den Frauenlisten der Evangelien und auch bei den Kreuzigungszeuginnen wird sie an erster Stelle genannt. Auch im Zusammenhang mit der Grablegung wird Maria aus Magdala bei Mk und Mt als erste genannt ( Mk 15,42-47, Mt 27, 57-61). Bei Joh ist sie die erste, die eine Begegnung mit dem auferstandenen Jesus erfährt. Das bezeugen auch Mt und Mk.

Im ersten Korintherbrief (1Kor 15,5) steht jedoch Petrus an erster Stelle der Zeugen. „Da der erste Korintherbrief etwa 50 n. Chr. entstanden ist, die Evangelien hingegen erst 70 n. Chr. geschrieben wurden, gingen einige Wissenschaftler davon aus, dass es sich bei den Erzählungen eher um nachträglich entstandene Legenden handelt. Damit schieden Maria und alle anderen Frauen als Zeuginnen der Auferstehung aus.“

„Doch nur weil Paulus bezeugt, dass Jesus dem Petrus erschienen ist, schließt er damit keineswegs aus, dass Maria aus Magdala die erste Auferstehungszeugin war, zumal er sie auch an keiner anderen Stelle in seinen überlieferten Briefen erwähnt.“

„Allerdings deuten einige der als apokryph geltenden Schriften einen Konflikt an zwischen Petrus und Maria aus Magdala, der von Jesus mehr offenbart wurde als den anderen Jüngern“. Es lässt sich nicht klären, ob es diesen Konflikt wirklich gegeben hat. „In jedem Falle zeigen die Texte jedoch, dass es eine Überlieferungstradition gab, die sich durch die Person der Maria aus Magdala legitimierte. Das wiederum deutet stark darauf hin, dass sie eine wichtige Person in der Jüngerinnen- und Jüngergruppe um Jesus war und ihr hohe Autorität zugesprochen wurde. Der Kirchenlehrer Hieronymus hat Maria aus Magdala und die anderen Frauen am leeren Grab als „Apostelinnen  der Apostel“ bezeichnet. An diesem Bild hat sich in der Ostkirche auch nie etwas geändert. Dort wurde sie von Anfang an neben Junia als Apostelin verehrt. Im Westen verschmolz Papst Gregor der Große in seinen Magdalenenpredigten drei neutestamentliche Frauengestalten zu einer Einheitsgestalt. Aber seit 2016 wird Maria aus Magdala im liturgischen Kalender den männlichen Aposteln gleichgestellt.“

(von Claudia Brüser-Meyer
Quelle: Die Mitarbeiterin 1/2021)