Ein Ja!-Moment…Angestrengt versuchten kirchliche Kommentatoren in den letzten Tagen Aufbruchstimmung zu verbreiten. Fünfzig Jahre habe er auf diesen Moment gewartet, erklärte etwa der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn. Die bemühte Euphorie galt der jüngsten Verordnung von Papst Franziskus: Mit dem Dokument „Spiritus Domini“ änderte er einen Passus im Kirchenrecht. Damit dürfen Frauen künftig offiziell als Lektorinnen und Kommunionspenderinnen eingesetzt werden. Bislang war dies – als ständiger Dienst – männlichen Laien vorbehalten.
Dass diese Nachricht und ihr verkrampftes Bejubeln nicht so richtig zünden, liegt vor allem in ihrer offenkundigen Folgenlosigkeit. Frauen tragen hierzulande schließlich schon seit Jahrzehnten das Wort Gottes vor und teilen die Kommunion aus. Das wollte man glücklicherweise so und hat deshalb eine dieser typischen katholischen Verrenkungen vorgenommen: Da man Frauen vom Kirchenrecht her nicht dauerhaft beauftragen durfte – Lektoren-und Akolythendienst gehörten einst zu den sogenannten niederen Weihen -, da hat man sie eben immer wieder auf Zeit berufen. Juristisch müsste man von einer Rechtsbeugung im Sinne der guten Sache sprechen. Dieser Umweg ist nun nicht mehr nötig.
Doch zugleich mit der minimalen Vorwärtsbewegung hat der Papst entschlossen die Handbremse angezogen. Seinem Motu proprio fügte er ein Schreiben an die Glaubenskongregation bei, in dem er ausdrücklich das Machtwort Johannes Pauls II. („keinerlei Vollmacht“) zur Unmöglichkeit der Priesterweihe für Frauen zitiert. Die Botschaft ist eindeutig: An dieses Thema rührt auch Franziskus nicht.
Nun muss man sicher zugestehen, dass vielleicht niemand so deutlich wie der Papst spürt, wie zerrissen die Kirche ist. Auch hat wohl keiner so wie er die weltkirchliche Perspektive im Blick. Durch seine vorsichtige, ausgleichende Politik will Franziskus zumindest den jetzigen Stand der Einheit aufrechterhalten. Aber was für eine Einheit ist das denn, wenn die Kirche zwar äußerlich zusammenbleibt, aber von innen her erodiert? Nämlich durch den stetigen Auszug von Frauen (und Männern), die den Ausschluss von Frauen nicht mehr hinnehmen wollen.
Einheit ist wichtig. Aber, wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt: Kirche hat sich als „Zeichen und Werkzeug“ des Heils zu verstehen – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Deshalb darf es bei der „Frauenfrage“ keine beschwichtigenden Gesten und Sonntagsreden mehr geben. Es darf auch nicht um Taktik gehen, um Politik, um Außendarstellung. Sondern den Handlungsbedarf im Sinne der Mitte der Kirche gibt es, weil es richtig ist.
Aus: CHRIST IN DER GEGENWART Nr. 4 2021, Kommentar von Stephan Langer