Es gibt wohl kaum ein Magazin, das sie noch nicht interviewt hat, kaum eine Talkshow, in der sie nicht zu Wort kam: Jacqueline Straub ist Theologin und möchte katholische Priesterin werden.
„In mir ist eine große Sehnsucht, die Eucharistie feiern zu dürfen.“ Dem Papst hat sie ihren Wunsch schon mitgeteilt – eine positive Antwort erhielt sie nicht.
Aber: „In den vergangenen Jahren ist das positive Feedback, die Unterstützung, die ich bekomme, stetig gewachsen. Als ich vor acht Jahren öffentlich gemacht habe, dass ich Priesterin werden möchte, gab es noch viel Ängstlichkeit. Heute bekomme ich viel Unterstützung, gerade auch von Menschen aus dem kirchlichen Bereich. Priester laden mich vermehrt ein, bei ihnen zu predigen.“
Die Reaktionen auf eine Frau, die zur Gemeinde predigt, seien stets sehr positiv, so kfd-Mitglied Straub. „Manche Frauen haben Tränen in den Augen, flüstern mir ein ,Danke‘ zu, wenn ich anschließend die Kommunion verteile. Dabei würden wir Frauen in der Kirche nichts besser machen als Männer – aber wir würden Vielfalt hereinbringen. Und ist es nicht als Frau angenehmer, bei einer Frau zu beichten als bei einem Mann? Zumal bei einem, der zölibatär lebt und so manche Dinge vielleicht gar nicht nachvollziehen kann?“
Für die 29-Jährige wäre Kirche glaubwürdiger, wenn sie Gleichberechtigung leben würde. „Das hätte auch eine andere Außenwirkung auf diejenigen, die noch nicht so viel mit Kirche zu tun haben.“
Gerade in den stark katholisch geprägten Staaten von Afrika und Südamerika würde ein Frauenpriestertum auch das Frauenbild in der Gesellschaft verändern: „Die Menschen dort orientieren sich noch stark an der katholischen Kirche. Frauen und Frauenrechte könnte man stärken, indem man Frauen als Priesterinnen zulassen würde – und so einiges für die Frauen und Mädchen in diesen Ländern bewegen.“
Dass in Deutschland gerade viel über die Kirche und die Frauenfrage diskutiert wird, findet Jacqueline Straub gar nicht schlecht. „Solange Menschen über Gott reden, wenn sie auch mit ihm hadern, ist Kirche lebendig. In den vergangenen Jahren hat Kirche an Relevanz verloren, von daher ist es gut, wenn wir jetzt wieder im Gespräch sind.
Vom Synodalen Weg allerdings verspreche ich mir wenig. Die Kirche signalisiert mit ihm Dialogbereitschaft – immerhin -, entschieden wird allerdings mit dem Hinweis auf Rom vermutlich nichts.“
Straub erwartet nicht, dass sich unter Papst Franziskus etwas in der Frauenfrage tut. „Das steht nicht auf seiner Agenda.“ Überhaupt gehe einfach viel zu wenig voran: „Bischöfe wie Kardinal Woelki stehen auf der Bremse – und die Menschen werden ungeduldig. Sie verstehen nicht, warum Entscheidungsprozesse in der Kirche so lange dauern. Und so befürchte ich eine große Austrittswelle, weil sich die Kirche eben nicht schnell genug verändert, die Menschen aber nicht mehr warten wollen!“ Straubs Theorie: Auf Franziskus wird ein sehr konservativer Papst folgen, gewählt von denjenigen Bischöfen, denen Franziskus zu sehr Freidenker ist. „Und der übernächste Papst wird sich dann vielleicht der Frauenfrage stellen können.“
Bei allen Problemen wirbt die Theologin dafür, das Besondere an Kirche und Glauben nicht zu vergessen: „Kirche ist eine einzigartige Gemeinschaft. Sie bietet jedem eine Anlaufstelle, für jeden gibt es ein Angebot – und viele dieser Gruppen tragen unsere Gesellschaft. Und wenn man als Priesterin die Menschen erreichen kann, ihnen Kraft schenken kann, der Gottesdienst für beide Seiten eine Bereicherung ist, dann lebt der Glaube.“