Impuls Maria 2.0 – Andrea Groß-Schulte befragt Carl Kau, den Initiator von: www. katholischer-klartext.de

Was war der Auslöser für Sie, die Aktion „Katholischer Klartext“ ins Leben zu rufen?

… Gläubigen online die Gelegenheit zu einer Meinungsäußerung zu geben.

Sie benennen verschiedene Streitpunkte in der Umfrage, wie demokratische Mitbestimmung, Aufarbeitung der sexuellen Gewalt oder zeitgemäße Lebensformen für Priester. Welcher Punkt ist für Sie persönlich der wichtigste und warum?

Wir Jünger und Jüngerinnen Christi haben alle den klaren Auftrag, die Heilsbotschaft Jesu in der Welt zu verkünden und vorzuleben. Das ist keine elitäre, maskuline, akademische, privilegierte Exklusivveranstaltung, bei der man alle möglichen Menschen und Gruppen ausschließen und diskriminieren darf. Auch ein deutsches Versteckspiel hinter der römischen Reformunfähigkeit darf es nicht länger geben. Jeder Priester mit Wirklichkeitsnähe muss den entrückten Stäben in der Zentrale zurufen, dass es so nicht geht. Ein wesentliches Hindernis ist der anhaltende römisch-katholische Absolutismus. Er verhindert ein schon von Johannes XXIII. gefordertes „aggiornamento“.

(Öffnen der Kirche fürs Heute)

Wie könnte es gelingen, die reformunwilligen Kräfte in der Kirche von solchen Reformen zu überzeugen?

Wir Katholiken müssen dem amtierenden Klerus deutlich provokativ spiegeln, wie wir zu den entscheidenden Themen unserer Glaubensgemeinschaft in der heutigen Zeit stehen. Fragen tut man uns ja nicht. Auch Geld, das als katholische Kirchensteuer und Zwangsabgabe verlangt wird, kann eine Menge bewirken. Zu viel davon führt leider zur Saturiertheit. Vielleicht muss man seine Forderungen nach Veränderungen temporär mit einer „Auszeit“ und damit verbundenem Kirchensteuerentzug unterstreichen. Ich halte den überwiegenden Teil des Klerus in Deutschland für reformwillig. Mir sagen immer alle, sie litten auch unter den Zuständen und Strukturen.

In welchem Zustand sehen Sie die Kirche in zehn Jahren?

Das hängt von ihrer Veränderungsbereitschaft ab. Bei einem „Weiter so“ wird sich die Mitgliederzahl bis dahin durch Tod und Austritte halbieren. Wenn man aber in zeitgemäßer Form mit gewinnenden Personen und in Wahrhaftigkeit auf die Menschen zugeht, ist das Potenzial geradezu unbegrenzt.

aus Maria 2.0 Juni 2021