Wer kennt ihn nicht, den Schlager aus dem Disney-Klassiker „Das Dschungelbuch“? Wenn ich ihn höre, möchte ich mitsummen, und wenn ich dann die Augen schließe, sehe ich den alten Bär „Balu“, wie er sich mit dem Menschenkind Mogli auf dem Bauch sitzend rücklings auf dem Fluß durch den sommerlichen Wald treiben lässt. Da kommen Urlaubsgefühle auf! Bei Ihnen auch?
Urlaub – wie sehr wir ihn uns manchmal ersehnen. Allen Stress, alle Terminnot, alle Geschäftigkeit für ein paar Tage ablegen, sich Zeit nehmen für ein Buch, für Musik, für Zeit mit den Kindern oder Enkelkindern und abschalten, sozusagen „die Seele baumeln lassen“. Wie gut das tut – wenn wir uns denn darauf einlassen, denn oft genug nehmen wir uns sogar in der freien Zeit so viel vor, dass von „Gemütlichkeit“ und „baumelnder Seele“ keine Rede sein kann.
Und dabei wusste man schon in biblischen Zeiten, wie wichtig es ist, zur Ruhe zu kommen. Jesus selbst sagt zu den Aposteln, die nach anstrengenden Tagen erschöpft waren: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht euch ein wenig aus!“ Denn, so heißt es, sie fanden nicht einmal die Zeit zu essen. (Mk 6, 31) Ja, Pausen sind wichtig, und in denen kann weniger manchmal mehr sein. Da gilt es nicht, alles nachzuholen, was man meint, in den letzten Monaten verpasst zu haben. Klar, auch Kultur zu genießen oder ein Konzert kann erholsam sein. Aber so hin und wieder ist es gut, dem Auge, dem Ohr, den Gedanken Ruhe zu verschaffen und äußere Reize zu minimieren. Auf der Wiese liegen und dem Rauschen der Bäume und den Vögeln zu lauschen, auf dem Gartenstuhl sitzen, die Augen schließen, ein Glas Wein oder eine Tasse Kaffee genießen, den Duft von Blumen und frischem Gras wahrnehmen, am Strand den Wellen lauschen, Handy und Telefon abzuschalten: das ist Entspannung. Da kommt die Seele zur Ruhe! So wie Balu und Mogli eben.
Aber: wirklich so? Na ja, nicht ganz so, denke ich. Im Lied heißt es: „Und wenn du stets gemütlich bist und etwas appetitlich ist so nimm es dir egal von welchem Fleck.“ Balu will Gemütlichkeit – immer! Er will sie nicht verdienen, er will einfach bekommen, was ihm gefällt. Das funktioniert so nicht. Das wäre Leben auf Kosten anderer. Und dann würde die Gemütlichkeit auch irgendwann langweilig, oder?
„Alles im Leben hat seine Zeit.“ So steht es in der Bibel im Buch Kohelet. „Gebären und Sterben, Niederreißen und Aufbauen, Weinen und Lachen, Schweigen und Reden.“ Aber eben auch: Arbeit und Freizeit. Wir Menschen brauchen eine Aufgabe, wir sind nicht zum Nichtstun geschaffen, und wenn es gut läuft, gibt Arbeit unserem Leben Inhalt, Struktur, ein Gefühl der Zugehörigkeit und Wertschätzung, macht glücklich – solange wir es damit nicht übertreiben. Wir übernehmen mit unserer Arbeit Verantwortung dafür, dass wir selbst und andere gut auf dieser Erde leben können – aber nicht für die Anhäufung von Reichtümern und unnötigem Luxus (auch wenn das manchmal schon verlockend ist). Jesus sagt in seiner Bergpredigt zu seinen Freunden: „Worum macht ihr euch Sorgen? Könnt ihr mit aller Mühe euer Leben auch nur um einen Tag verlängern? Seht euch die Vögel an: Sie säen nicht und ernten nicht, Gott ernährt sie. Und schaut auf die Lilien auf dem Feld: sie spinnen nicht und weben nicht, aber Gott kleidet sie prächtiger als selbst König Salomo in all seiner Pracht. Denn Gott weiß, was sie brauchen.“ Ja: Auch die Vögel müssen sich ihr Futter suchen und ihre Jungen damit Füttern. Aber sie suchen nicht mehr, als sie brauchen. Und das wäre doch mal ein Vorbild für uns: Zufrieden sein mit dem, was wir haben. Oft ist das schon mehr, als wir brauchen. Wozu also abhetzen und ständig im Stress sein? Das haben wir eigentlich nicht nötig. Und so steht es auch im Kohelet: „So kam ich zu dem Schluss, dass es für den Menschen nichts Besseres gibt, als fröhlich zu sein und das Leben zu genießen. Wenn er zu essen und zu trinken hat und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann, ist das Gottes Geschenk.“
Gott weiß, was wir brauchen: Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Gemeinschaft mit anderen Menschen, Arbeit und Freizeit. Und er mahnt uns zur Bescheidenheit und damit zur Zufriedenheit – damit wir nach der Arbeit unsere Freizeit genießen und „die Seele baumeln lassen“ können. Ich wünsche Ihnen allen dazu einen wunderbaren Sommer, der einlädt, es den Vögeln und den Lilien gleichzutun, Hektik und Stress für eine Zeit lang abzustellen und das Leben zu genießen.
Viele liebe Sommergrüße
Maria Thier, Pastoralreferentin